Hallo Ihr Lieben,
wie im letzten Artikel bereits angeteasert, sind wir von Vancouver in die Rocky Mountains zu den dortigen Nationalparks gefahren. Doch bevor wir Euch von unseren Begegnungen tierischer Art und vielen Naturschönheiten erzählen, möchten wir ein bisschen den hiesigen Alltag schildern. So wie wir ihn erleben – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Was das Preisgefüge beim Einkaufen angeht, ist es aktuell wahrscheinlich überall ähnlich: die Preise steigen. Kanada unterscheidet sich da nicht von Deutschland, das Niveau ist hier und da aber ein anderes. Benzin zum Beispiel ist hier für uns einfach unheimlich billig. Wir konnten so für 1,13 Euro pro Liter tanken, teurer als knapp unter 1,75 Euro pro Liter haben wir keine Tankstelle gesehen. Da weint das deutsche Autofahrer-Portemonnaie bei Preisen über 2 Euro. Die Kanadier sind trotzdem geschockt, ob der für sie hohen Spritpreise. Durch die Weite des Landes fährt man hier einfach sehr viel, ein gut ausgebautes Bahnnetz gibt es nicht. Und die Kanadier stehen wie die Amerikaner auf große Autos. Pickup-Trucks sind demnach an der Tagesordnung und die lassen SUVs in Deutschland wie Spielzeugautos aussehen. Klar, dass der Spritverbrauch ziemlich hoch ist. Ganz so umweltschonend ist das alles natürlich nicht, mit der geringen Ökosteuer, der vielen Fahrerei und den spritschluckenden Autos. Der Benzinpunkt geht an Kanada, der öffentliche Nahverkehr an Deutschland.
Preise für Lebensmittel sind hier tendenziell höher als in der Heimat. Gerade für Milchprodukte wie Käse zahlt man teils ein kleines Vermögen, ganz zum Leidwesen von Franzis Käsesucht. Knapp 10 Euro für 200 Gramm sind keine Seltenheit, wenn man etwas mit Geschmack möchte und weniger auf Weichplastik steht. Naja, kalter Entzug hat auch was. Der günstigste Liter Milch, den wir im Supermarkt gesehen haben, lag bei 1,55 Euro. Wir vermissen wie überall im Ausland unser Brot oder gute Brötchen. Ein vager Hoffnungsschimmer hatte uns einmal im Supermarkt „Dark Sourdough Reybred“ kaufen lassen. Nach dem Toasten, anders konnte man es nicht essen, bekam es die Konsistenz von Verpackungskartonage und bestand fast nur aus Luft, dafür aber in dunkler Farbe. Was unsere Brot- und Brötchenkultur angeht, sind wir Deutschen einfach einzigartig. Übrigens auch, was die super niedrigen Preise für Hygieneartikel angeht. Für ein Deo haben wir hier 4,40 Euro gezahlt, was in Deutschland 1,80 Euro gekostet hätte und 50 Gramm weniger Inhalt als daheim gab’s hier kostenlos mit dazu.
Wer auf die unterschiedlichsten Formen von Fastfood steht, wird in Kanada auf jeden Fall fündig. In jedem noch so kleinen Städtchen gibt es die komplette Bandbreite des Fastfood-Franchise-Universums. Wirklich überall findet man einen Tim Hortons, die wohl beliebteste Kette der Kanadier. Dort gibt es vor allem viele Kaffeevariationen, Donuts, Gebäck, Sandwiches und so weiter. Die allmorgendlichen Pkw-Schlangen vor dem Drive Through sind immer wieder erstaunlich. Bei der Wartezeit könnte man sich doch auch gleich Zuhause einen Kaffee zapfen und ein Brötchen schmieren – ach da war ja was mit den Brötchen. Ein Bagle geht natürlich ebenso, die Brötchen mit Loch drin. Die gehören hier zu jedem Frühstück dazu. Egal, ob mit Sesam, Zimt oder Blaubeeren drauf und drin, Variationen gibt es für jeden Geschmack.
Aufgeschlossenheit, Freundlichkeit und Interesse sind drei Eigenschaften, die uns bei den Menschen hier fast immer begegnet sind. Sogar an der Supermarktkasse kommt man in ein kurzes Gespräch, was man macht, woher man kommt und wohin es noch geht. Auf der Suche nach einer unserer Unterkünfte haben wir uns zuerst zu unseren Nachbarn verirrt, die uns dann hilfsbereit den richtigen Weg gezeigt haben. Nicht jedoch ohne vorher zu fragen, ob wir ein Bier wollen oder vielleicht etwas zu Essen. Ein älterer Buddy hat uns in einem Waffengeschäft im Nationalpark sogar spontan unser Bärenspray abgekauft. Nachdem er ein paar witzige Ideen präsentiert hat, wohin man den Bären boxen könnte, um ihn abzuwehren, sobald er sich auf die Hinterbeine stellt. Hätten wir ihn mal früher getroffen… Und damit wären wir schon beim Thema.


Unser erster Stopp in den Rockies war Golden, ein Dorf kurz vor dem Yoho Nationalpark. Dort haben wir eine kleine Hütte im Wald bezogen. Bei der Ankunft haben wir dann auch aus dem Auto den ersten Bären gesehen, der in der Ferne kurz auf die Straße tapste und dann aber vor einer Abzweigung schnell wieder im Busch verschwand. Wir sind dann ebendiese Abzweigung abgebogen, um zu unserer Hütte im Blackbear Drive zu gelangen. Was ein Zufall.



In den Rockies gibt es Schwarzbären und Grizzlys. Erstere sind kleiner und kommen deutlich häufiger vor als die Grizzlys. Beiden möchte man nicht unbedingt in freier Wildbahn begegnen. Den Grizzlys wohl noch weniger als den Schwarzbären. Die Parks warnen an den Startpunkten der Trails auf Tafeln vor den Bären, wenn welche gesichtet wurden und teilen einen Verhaltenskodex. Stumm vor sich hin wandern, ist dabei eher kontraproduktiv. Auf einem Schild stand, man solle klatschen oder singen, wenn man sich im Bärengebiet aufhält. Würden wir in Deutschland auf klatschende und singende Wanderer treffen, wäre mindestens ein Stirnrunzeln angesagt, hier nicht. Viele Wanderer tragen Glocken, wir haben uns einfach unterhalten. Richtig Bock auf Menschen haben die Bären nämlich nicht und verziehen sich normalerweise bei Geräuschen. Außerdem haben Bären extrem gute Nasen und riechen uns Menschen schon lange, bevor wir überhaupt ahnen, dass da ein felliger Freund in der Nähe ist. Da man aber nicht gänzlich ausschließen kann, dass sich doch mal ein Bär nah herantraut und vielleicht dank Jungtieren nicht ganz so gelassen ist, ist Bärenspray quasi Pflicht. Das ist tatsächlich auch kein Touri-Ding, die meisten Einheimischen tragen ebenfalls eins bei sich, wenn sie in die Natur gehen. Das Spray wirkt wie hochdosiertes Pfefferspray und hat mit einer Reichweite zwischen fünf bis zehn Metern deutlich mehr Wumms. Das schlägt jeden Bären in die Flucht, der sich durch gutes Zureden nicht vertreiben lässt – kein Scherz, trifft man einen, soll man mit ihm reden, um ihn zum Weggehen zu bewegen. Genutzt haben wir das Spray zum Glück nicht, einen weiteren Bären haben wir früh morgens auch nur aus dem Auto heraus gesehen.
Von Golden aus haben wir einige Wanderungen im Yoho-Nationalpark unternommen. Richtig magisch war ein Morgen am Emerald Lake, der seinem Namen alle Ehre macht. Je nach Lichtstimmung leuchtet das Wasser von smaragdgrün bis türkisblau. Beeindruckend war auch eine längere Wanderung entlang von Gletscherfeldern. Diese haben leider bereits einiges an Masse eingebüßt und so liefen wir quasi dort, wo vor vielen Jahren einst der Gletscher war. Uns kam es so vor als würden wir auf dem Mond laufen, da es wenig Vegetation gab. Dafür konnten wir viele Steinplatten bestaunen, die einst durch gigantische Eismassen glatt geschliffen und zerfurcht wurden.











Gigantisch war auch die Tierbegegnung auf einer Büffel-Ranch. Dort haben wir nicht nur gelernt, dass Büffel und Bison eigentlich dasselbe ist (Bison ist nur der lateinische Name), sondern auch, wie sich die Tiere in der Herde und gegenüber Menschen verhalten. War sehr interessant und die riesigen Tiere mal aus der Nähe zu sehen ein Erlebnis.



Nach Golden ging es Richtung Jasper Nationalpark. Banff haben wir mehr oder weniger rechts liegen lassen. Zwei Seen sind dort die beiden bekanntesten Sehenswürdigkeiten des Parks, der Lake Louise und Moraine Lake. Es sind DIE Instagram-Hotspots schlechthin. Beide Seen sind so überlaufen, dass die Parkplätze bereits um zwei Uhr nachts voll sind, wobei der eine sogar satte 10 Euro kostet. Wir haben uns die Seen gespart, die von der Farbe eh ähnlich wie der Emerald Lake aussehen. Mit hunderten Menschen dicht gedrängt einen See anschauen, das hatte für uns irgendwie keinen Reiz. Dafür gibt es hier einfach zu viele andere genauso schöne Seen zu bestaunen, die nur nicht den Insta-Fame mitbringen wie die beiden genannten.
Auf dem Weg Richtung Jasper sind wir den Icefields Parkway gefahren und am Columbia Icefield vorbeigekommen. Dort konnten wir den Athabasca-Gletscher bestaunen oder das, was von ihm noch übrig ist. Auf dem Weg zum Gletscher markieren Schilder mit Jahreszahlen die einstige Ausdehnung der Eisschicht. Und diese Straße als eine Art Zeitreise entlangzugehen, hat etwas Eindrückliches. Vor allem, wenn man ungefähr an seinem Geburtsjahr steht und den Gletscher nur in der Ferne erahnen kann. Dabei nimmt er fünf Meter jährlich ab.


Wie der Yoho hielt auch der Jasper Nationalpark einige schöne Touren und gigantische Bergmassive für uns parat. Unsere absoluten Highlights in Kanada waren klar die Nationalparks. Für Outdoor-Fans ist das ein Paradies und lässt einen wirklich sprachlos zurück. Unfassbare Weite, Wälder, so weit das Auge reicht, die gigantischen Rockies immer vor der Nase, Gletscher, Flüsse, wunderschöne Seen. Auch ein paar Tierchen haben wir in freier Wildbahn gesehen. Die Bighorn Sheeps am Straßenrand gehören schon zum täglichen Bild dazu. Wirklich mächtig war ein Hirsch, der uns direkt neben der Straße ein paar Meter begleitet hat, nur wenige Meter entfernt und Laute von sich gebend, die sagen „Hier gibt es nichts zu sehen, bitte gehen Sie weiter“. Für uns ist klar – wir wollen nochmal wiederkommen!












Unsere Zeit in Kanada ist wie im Flug vergangen, wir können kaum glauben, dass schon sechs Wochen um sind. Vor unserem Abflug sind wir nochmal am Hafen Vancouvers spazieren gegangen. Hier hat uns das Land mit einem der schönsten Sonnenuntergänge am Meer verabschiedet. So als wollte es sichergehen, dass wir es in guter Erinnerung behalten und nochmal wiederkommen.

Die Nacht verbringen wir jetzt am Flughafen, morgen Früh geht’s weiter nach San Francisco. Wir sind gespannt, was die Stadt für Abenteuer bereithält – Ihr werdet es erfahren 🙂
Liebe Grüße aus dem wunderschönen Kanada,
Lenny & Franzi