Hallo ihr Lieben,

wir haben viel gesehen und erlebt die letzten Wochen, darunter einige Städte und Nationalparks. Dafür saßen wir mitunter lange im Auto. Wie unfassbar groß Kanada ist, realisiert man nicht einmal dann, wenn man die Strecken zwischen den einzelnen Points of interest am Smartphone bei Google Maps plant. Erst, wenn man unterwegs ist und dann auch noch mindestens eine Stunde länger benötigt als das schlaue Smartphone errechnet hat, bekommt man eine ungefähre Ahnung. Nun aber der diesmal etwas längeren Reihe nach.

Vom Mont-Tremblant-Nationalpark ging es für uns weiter nach Québec, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Auf halber Strecke haben wir noch kurz in Trois-Rivières gehalten. Viel gab es nicht zu entdecken, bis auf einige schnuckelige alte Häuser direkt an der Wasserfront mit Blick auf den St. Lorenzstrom.

Québec kurz darauf hatte dann schon etwas mehr zu bieten. Bei unserem Streifzug durch die Stadt haben wir das schöne Flair der alten Gebäude genossen. Gerade die Umgebung rund um die Terrasse Dufferin, mit dem Luxus-Hotel Château Frontenac, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und in dem wir uns natürlich nicht einquartiert haben, war sehr schön anzusehen. Die Preise von 380 Euro pro Nacht aufwärts waren doch etwas abschreckend, ohne Steuern versteht sich.

Die Kanadier haben nämlich wie die Amerikaner die Unart, fast alle Preise ohne Steuern und Gebühren auszuzeichnen. Was beim Essengehen vielleicht noch eine willkommene Denksportaufgabe ist (solange man die unterschiedlichen Steuersätze der Provinzen kennt), ist gerade bei der Unterkunftssuche einfach nervig. Vergleichbare Preise pro Nacht sind dadurch nämlich Fehlanzeige. So mag die eine Unterkunft in der Übersicht vielleicht einen günstigeren Preis haben als eine andere, durch die Steuern und Gebühren kann das jedoch wieder zunichtegemacht werden. Andersherum kann eine teurere Unterkunft weniger Gebühren verlangen als eine günstige und damit im Schnitt dann doch wieder billiger sein. Und ja, jede Buchungsplattform hat auch andere Gebühren. Nun gut, kurzer Exkurs in unsere kleinen Aufreger während des Reisens. Aber die gehören dazu.

Québec ist nicht groß und hat uns somit nur einen Tag gesehen. Wir sind allerdings nicht abgereist, ohne das Nationalgericht Poutine probiert zu haben. Die etwas eigenartig klingende Kombination aus Pommes mit Bratensoße und überbackenem Käse (wahlweise noch mit Steak- oder Fleischstücken verfeinert) findet man entweder pervers ekelig oder pervers gut. Während Franzi nach dem Essen uneins war, tendiert Lenny zu letzterem. Wundert aber wohl auch keinen.

Danach ging es weiter Richtung Nordosten in die Nähe von Saguenay bei La Baie (kreativer Name, bedeutet nämlich einfach nur „Die Bucht“). Auf dem Weg dorthin konnten wir noch eine kurze Vier-Stunden-Wanderung auf den Mont du Lac des Cygnes absolvieren. Oben hatten wir eine wunderschöne Aussicht auf den Nationalpark Grands-Jardins. In Kanada zahlt man übrigens für jede Wanderung im National- oder Provinzpark Eintritt. Da Kanada wirklich viele davon hat, führt das dazu, dass man fast für jeden Besuch ins Grüne etwas zahlt. Die im Schnitt 6,80 Euro pro Person sind aber gut angelegt. An den meisten Eingängen und im Park gibt es Toiletten und die Wege sind ausgezeichnet beschildert und vegetationsfreundlich ausgebaut. Wäre auch eine Idee für Deutschland. Statt für den Wanderparkplatz eine teils üppige Gebühr zu verlangen und nicht mal Toiletten aufzustellen, einfach eine Gebühr für den Park an sich und dann etwas für Natur und Infrastruktur tun. Begeistert sind wir auch von den unzähligen Wasserspendern in den Parks und Städten, an denen man seine Flasche auffüllen kann. Wäre für deutsche Städte auch eine Idee. Aber natürlich ist auch hier nicht alles perfekt. Dazu später mehr.

Bei La Baie standen wieder viel Natur und einige Wanderungen auf dem Plan, mit sehr schönen Aussichten auf den Fjord und die Umgebung. Nach „Der Bucht“ sind wir im übertragenen Sinne einmal quer durch Deutschland gefahren. Von La Baie ging es in die Hauptstadt Ottawa, was in etwa die Strecke München-Bremen ist, die sich bei maximal 90 bis 110 km/h Höchstgeschwindigkeit auf den hiesigen Straßen schon etwas zieht. Klar, die Aussicht aus der Windschutzscheibe ist manchmal wie bei einer Naturdoku, hat jedoch mit fast acht Stunden deutlich Überlänge. Kurios: Zwar herrscht auf den Straßen hier ein striktes Tempolimit, viele Kanadier halten sich aber nicht daran. So wird man schon mal 100 fahrend links von einem Truck überholt. Und das, obwohl die Strafen deftig sind: wer 50 km/h drüber ist, zahlt 10.000 Dollar und übergibt seinen Führerschein und sein Auto gleich an Ort und Stelle der Polizei.

Ottawa hat bis auf einen historischen Regierungsbezirk und das ein oder andere Museum nicht viel zu bieten (vielleicht waren wir auch zu kurz dort). Wir haben die Stadt eher als Administrationszentrale wahrgenommen. Kein Wunder, hatte Queen Victoria doch damals einfach auf die Mitte zwischen Toronto und Montréal gezeigt und gemeint, dort solle die Hauptstadt Kanadas entstehen. Nach einem Stadtbummel und einem Ausflug ins Canadian Museum of History, wo wir uns über die Entstehung Kanadas aufgeschlaut haben, ging es dann auch schon wieder weiter. Natürlich wieder in die Natur, in den Algonquin Nationalpark – Algonquin ist übrigens die Sprache der First Nations, der indigenen Völker hier.

Von einem Hostel direkt am Eingang des Parks haben wir dann am ersten Tag dort gleich drei Touren unternommen und sind durch Wälder und Sumpfgebiete gewandert. Kanada ist wirklich reich an Gewässern. Gefühlt gibt es alle paar Meter einen Lac, Lake, Pond oder Fluss. Und so konnten wir nicht anders, als auch mal mit dem Kanu zu paddeln.

Unser letzter Stopp in Ostkanada war Toronto. Mit ihren vielen gläsernen Hochhäusern erinnert die Stadt etwas an Montréal, ist aber noch einmal größer und einen Hauch vielfältiger. Durch die vielen Immigranten kommt man hier gerade auch kulinarisch auf seine Kosten und findet jede Stilrichtung, die man sich vorstellen kann. Natürlich haben wir Chinatown einen Besuch abgestattet, wo man tatsächlich das Gefühl hat, in einem anderen Land zu sein.

Welche Stadt uns nun am besten gefallen hat, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Es wäre ein knappes Rennen zwischen Toronto und Montréal. So richtig schön und behaglich fanden wir bislang jedoch keine der Städte. Sobald man sich aus der unmittelbaren Innenstadt herausbewegt, wird es schnell dreckig und die Häuser wirken ein wenig heruntergekommen. Gebäude mit Charme sieht man nur in den wenigen alten Teilen der Städte. Auch sieht man viele Obdachlose und einige spezielle Menschen. Das Sozialsystem ist nicht so gut wie in Deutschland. Neben einer sehr kurzen Kündigungsfrist, erhält man hier nur sechs Monate Sozialleistungen.

Ein Besuch der Niagarafälle steht wohl auf dem Pflichtprogramm, wenn man in der Region Toronto ist. Dem Tipp folgend, möglichst früh vor Ort zu sein, fuhren wir tatsächlich bereits um kurz nach 7 auf einen Parkplatz von Niagara Falls, der Stadt, mit besagten Wasserfällen. Die eigentlichen Wasserfälle auf kanadischer Seite heißen übrigens Horseshoe Falls – kleiner Klugschiss am Rande fürs nächste Quiz. Morgens ist die Stimmung mit der aufgehenden Sonne wirklich sehr besonders. Ein leichter Niesel hing über der dunstigen Stadt, der zusammen mit anschwellendem Rauschen immer stärker wurde, als wir den Weg runter zum Fluss gingen. Aus dem Niesel wurde Regen und aus dem Rauschen wurde Dröhnen. Der Wind trug die aufsteigende Gischt der Fälle über die Promenade direkt in unser Gesicht und durchweichte auch unsere Klamotten ziemlich fix – jep, die Regenjacke lag warm und trocken in der Unterkunft.

Die Wasserfälle sahen bereits aus der Ferne gigantisch aus. Auf der kanadischen Seite kommt man zu Fuß bis auf ca. zehn Meter an den Fluss und die Abrisskante heran. Dabei hat es eine fast hypnotische Wirkung, dem Wasser dabei zuzusehen, wie es im tosenden Abgrund verschwindet. Die Horseshoe Falls gehören sicherlich zu den beeindruckendsten Naturerlebnissen, die wir erleben durften.

Wenn Ihr das lest, sind wir bereits auf Vancouver Island, unserem ersten Stopp auf der Westseite Kanadas. Wir lesen uns, bleibt gesund und bis zum nächsten Artikel!

Franzi & Lenny

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